* * * * * DIE ALTE, DIE
AUF GOTT WARTETE * * * *
Es war einmal eine alte
Frau, der hatte der liebe Gott versprochen, sie heute zu besuchen. Darauf war
sie nun natürlich nicht wenig stolz. Sie scheuerte und putzte, buk und tischte
auf. Und dann fing sie an, auf den lieben Gott zu warten. Auf einmal klopfte es
an die Tür. Geschwind öffnete die Alte, aber als sie sah, dass draußen nur ein
armer Bettler stand, sagte sie: »Nein, in Gottes Namen, geh heute deiner Wege!
Ich warte eben gerade auf den lieben Gott, ich kann dich nicht aufnehmen!« Und
damit ließ sie den Bettler gehen und warf die Tür hinter ihm zu.
Nach einer Weile
klopfte es von neuem. Die Alte öffnete diesmal noch geschwinder als beim ersten
Mal. Aber wen sah sie draußen stehen? Nur einen armen alten Mann. »Ich warte
heute auf den lieben Gott. Wahrhaftig, ich kann mich nicht um dich kümmern!«
Sprach's und machte dem Alten die Tür vor der Nase zu.
Abermals eine Weile
später klopfte es von neuem an die Tür. Doch als die Alte öffnete - wer stand
da, wenn nicht schon wieder ein zerlumpter und hungriger Bettler, der sie
inständig um ein wenig Brot und um ein Dach über dem Kopf für die Nacht bat.
»Ach, lass mich in Ruhe! Ich warte auf den lieben Gott! Ich kann dich nicht bei
mir aufnehmen!« Und der Bettler musste weiterwandern, und die Alte fing aufs
neue an zu warten.
Die Zeit ging hin,
Stunde um Stunde. Es ging schon auf den Abend zu, und immer noch war der liebe
Gott nicht zu sehen. Die Alte wurde immer bekümmerter. Wo mochte der liebe Gott
geblieben sein? Zu guter Letzt musste sie betrübt zu Bett gehen. Bald schlief
sie ein. Im Traum aber erschien ihr der liebe Gott. Er sprach zu ihr: »Dreimal
habe ich dich aufgesucht und dreimal hast du mich hinaus- gewiesen!«
Von diesem Tage an
nehmen jene, die von dieser Geschichte erfahren haben, alle auf, die zu ihnen
kommen. Denn wie wollen sie wissen, wer es ist, der zu ihnen kommt? Wer wollte
denn gern den lieben Gott von sich weisen?